StartWeihnachtsgeschichtenFamilie Hasselbach und die geschenkte Zeit

Familie Hasselbach und die geschenkte Zeit

Teilen

Wir lieben Geschichten zur Weihnachtszeit!

Familie Hasselbach durchlebt den Trubel der Adventszeit und Vater Markus erkennt, dass gemeinsame Zeit das wertvollste Geschenk ist. Mit viel Humor und Liebe entdecken dabei alle den wahren Zauber der Weihnachtszeit.

Es war der 1. Dezember und die kleine Stadt war wie jedes Jahr festlich beleuchtet. Zur Überraschung aller fielen bereits die ersten Schneeflocken. Sie wirbelten sanft durch die Luft und legten sich wie ein weißer Teppich auf die Dächer, Straßen und den Marktplatz.

Die Vorfreude auf Weihnachten war nicht überall spürbar, irgendwie machten die Erwachsenen nicht so richtig mit und sprachen immer vom „Stress“, den sie hätten. Doch die Kinder, die in der kleinen Stadt zu Hause waren oder zu Besuch kamen, liefen mit leuchtenden Augen an den Schaufenstern und den Märchenbuden vorbei, die auf Knopfdruck Märchen erzählten.

In einem gemütlichen Haus am Rande der Altstadt lebte die Familie Hasselbach: Vater Markus, Mutter Anna und ihre beiden Kinder Hannah und Jonas. Hannah war neun und Jonas fünf Jahre alt. Die Adventszeit war für die Familie immer eine besondere Zeit, voller Vorbereitungen und Traditionen. Doch dieses Jahr würde es eine Veränderung geben.

Hannas‘ und Jonas‘ Mutter hatte Markus am Morgen mit einer Liste in der Hand begrüßt. „Hier, das ist unsere To-Do-Liste für den Advent und die Weihnachtstage,“ hatte sie gesagt und ihm den Zettel überreicht. Markus saß am Küchentisch und trank einen Tee und las Zeitung. Er hatte erst die Augenbrauen hochgezogen und dann gelacht, als er die lange Liste sah.

„Das schaffst du doch locker“, sagte er grinsend. Anna schüttelte leicht genervt den Kopf.

„Dieses Jahr, mein Lieber, machen wir das zusammen. Du kennst doch Mental Load, oder?“

„Mental Load? Ist das wieder so ein modernes Wort?“ Markus versuchte, den Begriff zu ignorieren, aber Anna ließ nicht locker.

„Es bedeutet, dass die ganze Planung und das Organisieren nicht nur an einer Person hängen bleiben sollte. Also teilen wir uns die Aufgaben. Hannah und Jonas wissen auch schon Bescheid.“

„Was? Die Kinder? Wissen die etwa auch von diesem… Load-Ding?“

„Ja, wissen sie. Und sie sind schon ganz gespannt, wie du dich schlägst.“ Anna lächelte verschmitzt, während Markus aufstand, um sie Tee nachzuschenken.

„Na großartig“, murmelte er, aber insgeheim wusste er, dass Anna recht hatte.

Die erste Aufgabe auf der Liste war das Plätzchenbacken. Normalerweise war das Annas Domäne, doch dieses Jahr sollte Markus übernehmen. Hannah und Jonas freuten sich riesig, und so stand Markus kurze Zeit später mit beiden Kindern in der Küche. Der Teig war bereits vorbereitet, und Hannah hatte schon das Nudelholz in der Hand.

„Papa, du musst den Teig ausrollen, sonst wird das nichts“, sagte Hannah, als ob sie das schon seit Jahren machte.

„Und ich will die Ausstecher haben!“, rief Jonas, der sich gerade auf Zehenspitzen stellte, um die bunten Ausstechförmchen zu erreichen.

Markus versuchte, die Kontrolle über die Situation zu behalten. Er rollte den Teig aus, während Hannah ihn kritisch beäugte und Jonas versuchte, den Teig direkt zu essen.

„Jonas, nicht den rohen Teig naschen“, mahnte Markus, aber Jonas grinste nur.

Die Plätzchen wurden schließlich ausgestochen, und nach einiger Zeit duftete das ganze Haus nach Zimt und Vanille. Doch das Chaos in der Küche war nicht zu übersehen. Mehl lag auf dem Boden, der Teig klebte an den Schränken, und Jonas hatte Schokolade im Gesicht.

Als Anna die Küche betrat, musste sie lachen. „Ich sehe, ihr hattet Spaß“, sagte sie und schnappte sich einen fertigen Keks.

„Spaß? Wenn du das so nennen willst“, murmelte Markus, aber er konnte nicht leugnen, dass es schön war, die Kinder so fröhlich zu sehen.

„Das war erst der Anfang“, sagte Anna und deutete auf die Liste. „Als Nächstes sind die Päckchen für die Adventskette dran.“

Markus seufzte. „Ich wusste gar nicht, dass Weihnachten so viel Arbeit ist.“

„Willkommen in meiner Welt“, sagte Anna und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber du schaffst das schon.“

Die Adventskette war eine Tradition in der Familie Hasselbach. Jeden Tag im Dezember öffneten die Kinder ein kleines Päckchen, das an einer langen Schnur im Durchgang zum Wohnzimmer hing. Darin waren kleine Geschenke oder Aufgaben versteckt, die auf den Weihnachtsabend einstimmten. Normalerweise bereitete Anna die Päckchen vor, doch dieses Jahr war Markus dran.

„Was packen wir da rein?“, fragte er ratlos und blickte Anna an, die es sich auf der Couch gemütlich machte.

„Süßigkeiten“, sagte Anna. „Oder kleine Spielzeuge“.

Markus grübelte. „Ich muss dann morgen in der Mittagspause wohl nochmal los.“

„Ja musst du wohl“, sagte Anna.

In den nächsten Tagen befüllten Anna und Markus 48 kleine Päckchen. Eben für jeden Tag bis zum Heilgabend am 24.12. Bei zwei Kindern eine ganze Menge…

„Das ist ganz schön viel Arbeit“, sagte Markus, der sich freute, dass Anna ihm beim Packen half. Und er dachte daran, dass er Anna nie mitgeholfen hatte.

Bald hing die Adventskette im Wohnzimmer, bereit für den ersten Dezembermorgen. Markus fühlte sich etwas besser – vielleicht war das alles doch nicht so schwer, wie er gedacht hatte.

Doch dann kam die Lichterkette.

Die Familie Hasselbach schmückte jedes Jahr einen Weihnachtsbaum mit demselben Christbaumschmuck und das bedeutete auch, dass sie jedes Jahr dieselbe Lichterkette verwendeten. Markus erinnerte sich daran, wie sie letztes Jahr feststellten, dass manche Kerzen der Lichterkette nicht mehr funktionierten. Es könnte sein, dass weitere Elektro-Kerzen den Dienst quittiert haben.

„Bitte kümmere dich darum“, sagte Anna entschlossen, als sie Markus die Kiste mit der Lichterkette in die Hand drückte. „Du prüfst sie vorher. Falls wir eine neue Kette brauchen, musst du die Länge ausmessen und eine neue bestellen. Warmweißes Licht soll die Kette haben.“ Markus nickte und sah irgendwie müde aus.

„Ach, und übrigens“, sagte Anna. „Diese Überlegungen sind Teil des Mental Load. Die Gedanken hättest du dir machen sollen.“

Markus setzte sich auf das Sofa und begann, die Lichterkette zu entwirren. Es schien, als hätte sie ein Eigenleben entwickelt. „Wie kann das jedes Jahr passieren?“, fragte er sich laut.

Hannah setzte sich neben ihn. „Vielleicht ist es ein Weihnachtszauber“, sagte sie mit einem Lächeln.

„Oder ein Weihnachtsfluch“, murmelte Markus, während er versuchte, den Knoten zu lösen.

Nach viel Mühe und mehreren Versuchen steckte Markus schließlich den Stecker in die Steckdose. Die Lichterkette flackerte kurz auf, bevor sie vollständig erlosch.

„Na super“, sagte Markus resigniert.

„Wir müssen eine neue kaufen“, sagte Hannah hinzu.

„Sieht so aus“, gab Markus zu und schüttelte den Kopf.

„Vielleicht ist sie müde“, sagte Jonas, und alle mussten lachen.

„Müde oder nicht, ich gehe morgen los und besorge eine neue“, versprach Markus. „Irgendwo in der Stadt wird es ja wohl ein Lichterkettenfachgeschäft geben“, sagte er lächelnd. Wohlwissend, dass Karstadt für immer geschlossen hatte und er froh sein konnte, wenn es im Drogeriemarkt eine Lichterkette zu kaufen gibt.

Am nächsten Tag, einem kalten, aber klaren Dezembermorgen, entschied die Familie, den Weihnachtsmarkt in der Stadt zu besuchen. Der Markt war eine Ansammlung von kleinen, hölzernen Buden, die mit bunten Lichtern und Tannenzweigen geschmückt waren. Der Duft von gebrannten Mandeln, Schmalzgebäck und Glühwein lag in der Luft, und die Kinder drängten aufgeregt vorwärts.

„Ich will Schmalzgebäck!“, rief Jonas und zog an Markus’ Hand.

„Und ich möchte in den Spielzeugladen“, sagte Hannah, die bereits eine lange Liste an Weihnachtswünschen im Kopf hatte.

„Langsam, langsam“, sagte Anna lachend. „Wir haben genug Zeit.“

Die Familie schlenderte über den Markt, kaufte Schmalzgebäck und warme Schokolade, und schaute sich die handgemachten Holzspielzeuge an. Markus begann, sich zu entspannen. Es war schön, einfach Zeit mit seiner Familie zu verbringen, ohne an all die Aufgaben zu denken, die noch auf ihn warteten.

Als sie an einer besonders kleinen, unscheinbaren Bude vorbeikamen, blieb Markus stehen. Auf dem Tisch vor der Bude lagen alte Uhren, Taschenuhren und Wecker, jede einzelne sorgfältig aufgereiht. Der Verkäufer war ein alter Mann mit einem verschmitzten Lächeln.

„Interessieren Sie sich für die Zeit?“, fragte der Mann, als Markus die Uhren betrachtete.

„Oh, ich habe das Gefühl, davon habe ich nie genug“, sagte Markus halb im Scherz.

Der alte Mann nickte weise. „Zeit ist ein seltsames Ding. Manche haben zu viel davon, andere zu wenig. Aber manchmal braucht man nur ein bisschen mehr davon.“

Er hielt Markus eine kleine, silberne Taschenuhr hin. „Das ist ein besonderes Stück. Es hilft Ihnen, die Zeit besser zu nutzen.“

Markus nahm die Uhr und betrachtete sie. Sie sah alt aus, aber sie tickte leise und gleichmäßig. „Wie viel kostet sie?“, fragte er.

„Für Sie? Nichts“, sagte der alte Mann mit einem Lächeln. „Betrachten Sie es als Weihnachtsgeschenk. Aber denken Sie daran: Zeit ist das Wertvollste, was Sie haben. Nutzen Sie sie gut.“

Verwirrt, aber dankbar nahm Markus die Uhr. Er steckte sie in die Tasche, bevor er Anna und den Kindern wieder folgte.

Zu Hause angekommen, setzte Markus sich ins Wohnzimmer, während Anna und die Kinder sich die neuen Spielzeuge ansahen, die sie gekauft hatten. Er zog die Taschenuhr hervor und betrachtete sie erneut. Irgendetwas an dieser Uhr faszinierte ihn.

„Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit“, murmelte er, und plötzlich geschah etwas Seltsames. Die Uhr begann schneller zu ticken, und bevor Markus es begriff, hatte er das Gefühl, die Zeit um ihn herum verlangsame sich.

Die Kinder, die gerade noch spielten, schienen sich langsamer zu bewegen, und auch Anna, die in der Küche etwas suchte, bewegte sich wie in Zeitlupe. Markus sprang auf, verwirrt und überrascht. Doch als er die Uhr in der Hand schüttelte, schien die Zeit wieder normal weiterzulaufen.

„Was war das?“, fragte er sich und entschied, es erneut auszuprobieren. Er drehte an der Krone der Uhr und plötzlich schien die Zeit um ihn herum stillzustehen. Alles bewegte sich in extremer Langsamkeit – bis auf ihn selbst.

„Das ist unglaublich“, flüsterte er. Markus konnte die Zeit kontrollieren, sie verlangsamen oder beschleunigen, wie er wollte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz: Wenn er die Zeit kontrollieren konnte, könnte er alle Aufgaben erledigen, ohne jemals in Eile zu sein. Er könnte die Plätzchen backen, die Päckchen packen, die Lichterkette entwirren, und immer noch genug Zeit für seine Familie haben.

Doch dann dachte er an die Worte des alten Mannes: „Nutzen Sie sie gut.“

Markus verstand plötzlich, dass es nicht darum ging, mehr zu tun oder schneller zu sein. Es ging darum, die Zeit, die er hatte, gut zu nutzen – vor allem mit seiner Familie.

Am Abend, als die Kinder im Bett lagen und die Lichter im Haus gedämpft waren, erzählte er Anna von der Taschenuhr und was sie konnte. Sie hörte ihm geduldig zu, doch anstatt erstaunt zu sein, lächelte sie nur.

„Weißt du, Markus“, sagte sie sanft, „es ist nicht die Fähigkeit, Zeit zu kontrollieren, die uns glücklich macht. Es ist die Art und Weise, wie wir die Zeit nutzen, die uns gegeben wird. Wir müssen nicht alles perfekt machen oder alle Aufgaben alleine bewältigen. Was wirklich zählt, sind die Momente, die wir miteinander verbringen.“

Markus sah die Taschenuhr an und dann seine Frau. Er wusste, dass sie recht hatte. In den vergangenen Tagen hatte er mehr Zeit mit seiner Familie verbracht als sonst in der Vorweihnachtszeit. Und das hatte ihn glücklicher gemacht, als es jede perfekt organisierte Weihnachtsvorbereitung je gekonnt hätte.

In dieser Nacht legte Markus die Uhr zurück in die Schachtel und stellte sie ins Bücherregal. Er brauchte sie nicht mehr, um die Zeit zu manipulieren. Denn er hatte gelernt, was wirklich wichtig war: Die kostbaren Momente mit seiner Familie zu schätzen und die Aufgaben gemeinsam zu bewältigen.

Und so wurde das Weihnachtsfest in der Familie Hasselbach zu einer Zeit der Ruhe, des Miteinanders und der Freude. Das Lächeln auf den Gesichtern von Hannah und Jonas, das Funkeln in Annas Augen – das waren die wahren Geschenke der Zeit.

Weitere Geschichten

Beliebte Gute-Nacht-Geschichten