D ie ersten Kinder waren schon von der Kita abgeholt und die kleine Lotte wartete ungeduldig, denn heute würde ihre Oma sie von der Kita abholen.
Lotte liebte ihre Oma sehr.
Lottes Oma war zwar nicht so alt wie andere Omas, aber sie hatte ein kaputtes Knie, das ihr oft Schmerzen bereitete.
Bald würde sie an die Ostsee fahren, um sich dort im Krankenhaus operieren zu lassen, damit ihr Knie wieder ganz gesund werden konnte.
Aber heute kam sie her, um Lotte abzuholen, und das war das Wichtigste.
Als Oma endlich durch die Tür der Kita trat, strahlte Lottes Gesicht vor Freude. Sie flitzte auf sie zu und kuschelte sich an sie. „Soll ich dir mal mein Gebautes zeigen, Oma?“ fragte Lotte und zog sie in die Bauecke.
Oma sah sich alles genau an und lächelte.
Dann half Oma ihrer Enkelin beim Schuhe anziehen.
„Ich muss dir noch etwas sagen, Lotte“, sagte Oma. „Es tut mir leid, dass wir heute keinen großen Ausflug machen können. Mein Knie tut weh, und ich bin nicht so gut zu Fuß.“
Lotte legte den Kopf schief und dachte kurz nach. Dann strahlte sie wieder. „Das macht nichts, Oma! Wir gehen einfach auf den Bella Martha!“
Oma freute sich, dass Lotte gleich eine Idee hatte.
Der Bella Martha war ein Spielplatz ganz in der Nähe, mit einem Klettergerüst, einer Schaukel und einer Wasserpumpe, an der man nach Herzenslust matschen konnte. „Dann schnell los, auf zum Bella Martha, Lotte“, sagte Oma und nahm Lottes kleine Hand in ihre.
Zusammen machten sie sich auf den Weg. Es war nur ein kurzer Spaziergang, aber Oma humpelte leicht, und Lotte merkte, dass es ihr schwerfiel.
„Oma, wenn dein Knie wieder heil ist, können wir ein Wettrennen machen“ sagte Lotte plötzlich, als sie ein paar Schritte vorauslief.
Oma nickte und lachte leise. „Ich glaube, du würdest immer gewinnen.“
Lotte grinste. „Na gut.“
Es war nicht mehr weit bis zum Spielplatz.
„Gibst du mir gleich Anschwung, wenn ich auf der Schaukel bin?“
„Das verspreche ich dir,“ sagte Oma, während sie langsam weitergingen. Lotte hielt dabei ganz fest ihre Hand.
Als sie den Bella Martha erreichten, lief Lotte sofort los, um das Klettergerüst zu erklimmen. Oma setzte sich auf eine der Bänke unter den hohen Bäumen, die dem Spielplatz Schatten spendeten.
Sie beobachtete Lotte, die flink wie ein Äffchen das Gerüst erklomm. „Schau mal, Oma, wie hoch ich bin!“ rief Lotte stolz von der Spitze des Klettergerüsts.
„Das machst du toll!“ rief Oma zurück und winkte ihr zu. Lotte fühlte sich stark und mutig, als sie oben stand und in die Ferne blickte.
Sie konnte fast bis zum türkischen Gemüseladen sehen, der gleich neben dem Spielplatz lag. Sie liebte diesen Laden, besonders die riesigen Wassermelonen, die immer am Eingang gestapelt waren.
Nach einer Weile kletterte Lotte wieder hinunter und rannte zur Schaukel. „Oma, jetzt bist du dran! Du hast es versprochen!“
Oma erhob sich langsam von der Bank und humpelte zu Lotte. „Natürlich habe ich das,“ sagte sie und setzte sich vorsichtig auf die Schaukel neben Lotte, bevor sie anfing, ihre Enkelin sanft anzuschubsen.
„Höher, Oma, höher!“ rief Lotte und kicherte, während sie immer höher schaukelte, bis sie das Gefühl hatte, sie könnte den Himmel berühren. Die Vögel zwitscherten in den Bäumen, und die Sonne lugte durch die Blätter, als sie hin- und herschwang.
„Ist das hoch genug?“ fragte Oma schließlich, als sie etwas außer Atem war.
„Ja, das ist perfekt!“ rief Lotte glücklich, bevor sie mit einem letzten großen Schwung absprang und sicher auf dem weichen Boden landete.
Dann lief sie zur Wasserpumpe und begann, Wasser in die Sandkiste zu leiten. Sie liebte es, Matschepampe zu machen und mit ihren Händen darin zu wühlen.
„Oma, komm, schau mal! Ich baue eine Burg aus Matsch!“ Lotte war voll in ihrem Element, ihre Hände und Arme waren schon ganz schmutzig.
„Ich komme gleich, mein Schatz,“ sagte Oma und setzte sich wieder auf die Bank, um sich ein wenig auszuruhen. Sie sah Lotte dabei zu, wie sie konzentriert arbeitete, ihre Zunge leicht zwischen den Zähnen hervorgestreckt, wie sie es immer tat, wenn sie sich stark auf etwas konzentrierte.
Nach einiger Zeit kam Lotte strahlend auf Oma zugelaufen. „Fertig! Die schönste Matscheburg der Welt!“ rief sie stolz.
Oma klatschte in die Hände.
Lotte setzte sich neben Oma auf die Bank und lehnte sich an sie. „Weißt du, was jetzt toll wäre? Ein Kratzeis!“
Oma lächelte. „Das ist eine sehr gute Idee, Lotte. Lass uns zum Gemüsehändler gehen.“
Zusammen gingen sie zu dem kleinen Laden. Am Eingang stapelten sich die Wassermelonen, wie Lotte es sich vorgestellt hatte. Lotte ging zielstrebig auf die Eistruhe hinten im Laden zu. „Da ist es, Oma!“ rief sie und öffnete die Truhe, um hineinzuschauen.
„Welches möchtest du?“ fragte Oma, als sie sich zu Lotte gesellte.
„Das Blaue!“ entschied Lotte nach kurzem Überlegen. „Das schmeckt nach Schlumpf!“
„Ach guck“, sagt Oma und schaute verblüfft aus. „Wie das wohl schmeckt?“ Oma kaufte das Kratzeis und reichte es Lotte. „Bitteschön,“ sagte sie, als sie wieder nach draußen gingen.
Lotte setzte sich auf eine Bank nicht weit entfernt von dem Laden und begann, das Eis mit dem kleinen Plastiklöffel zu schaben.
Es war schön kühl und süß und schmeckte herrlich nach Sommer. Oma setzte sich neben sie und sah ihr liebevoll zu.
„Magst du auch mal probieren, Oma?“ fragte Lotte plötzlich und hielt ihr das Eis entgegen.
„Unbedingt“, sagte Oma. „Schlumpf habe ich noch nie probiert.“ Sie zögerte kurz, dann nahm sie einen kleinen Löffel voll. „Das schmeckt wirklich gut,“ sagte sie lächelnd.
Lotte strahlte. „Ich wusste, dass es dir schmeckt! Kratzeis ist das Beste! Und guck mal, meine Zunge ist bestimmt ganz blau vom Eis. Und es stimmte, Lottes Zunge war blau eingefärbt.
Oma lachte und legte den Arm um Lotte und drückte sie sanft an sich. „Weißt du, Lotte, auch wenn wir heute keinen großen Ausflug machen konnten, hatten wir doch eine großartige Zeit zusammen.“
„Ja, Oma,“ sagte Lotte und lehnte sich zufrieden an sie. „Wir haben den Bella Martha und Kratzeis. Das ist doch das Beste!“
Und so saßen sie noch eine Weile dort, Lotte genoss ihr Kratzeis, und Oma genoss einfach den Moment. Es war ein ganz normaler Nachmittag, aber für Lotte und ihre Oma war es einer dieser Tage, die man nie vergisst – voller kleiner Abenteuer, Freude und vor allem Liebe.