Wenn man Sophie fragte, was sie später einmal werden wollte, dann musste sie nicht lange überlegen: „Prinzessin!“ Mit glitzernder Krone, langen Kleidern und einem Schloss, das bis in die Wolken reichte.
Doch bis dahin war Sophie ein ganz normales Mädchen, das in die erste Klasse ging und mit ihrer besten Freundin Jule Abenteuer auf dem Spielplatz erlebte. Heute jedoch war ein besonderer Tag, denn Sophie hatte eine Mission:
Sie wollte Jule ein Freundschaftsarmband schenken, das sie ganz allein gebastelt hatte.
„Prinzessinnen verschenken etwas Besonderes“, erklärte Sophie ihrer Mama am Frühstückstisch, während sie Marmelade auf ihren Toast schmierte.
„Und weil Jule meine beste Freundin ist, bekommt sie das Armband mit den Perlen, die im Licht glitzern.“ Sophie hielt das fertige Schmuckstück hoch, und ihre Mama nickte anerkennend.
„Das ist wirklich wunderschön, Sophie. Jule wird sich bestimmt sehr freuen.“
Doch als Sophie in der Schule ankam, war Jule anders als sonst. Sie war nicht auf ihrem gewohnten Platz neben Sophie, sondern saß bei Emma, einem anderen Mädchen aus der Klasse. Sophie blieb stehen und spürte ein unangenehmes Ziehen im Bauch.
„Warum sitzt Jule da?“ flüsterte Sophie, während sie sich zu Max setzte.
Max zuckte die Schultern. „Vielleicht hat sie einen neuen besten Freund?“
Sophie war empört. Das konnte nicht sein! Nach der Pause stellte sie Jule zur Rede.
„Warum sitzt du bei Emma? Wir sind doch beste Freundinnen!“ fragte sie mit verschränkten Armen.
Jule sah sie überrascht an. „Ich wollte nur mal woanders sitzen. Du bist doch trotzdem meine beste Freundin.“
Doch Sophie war nicht überzeugt. „Vielleicht will ich gar nicht deine beste Freundin sein, wenn du so gemein bist!“
Jule runzelte die Stirn. „Ich bin gar nicht gemein! Du bist die, die hier rumschreit!“
Die beiden schauten sich einen Moment wütend an, bevor sie in entgegengesetzte Richtungen davonstapften.
—
Am Nachmittag saß Sophie in ihrem Zimmer und starrte auf das Freundschaftsarmband. Die Perlen glitzerten genauso wie am Morgen, aber jetzt fühlte sich das Armband nicht mehr besonders an.
„Warum sollte ich das Jule geben?“ fragte sie laut und warf es auf ihren Schreibtisch. „Prinzessinnen verschenken nichts an Leute, die sie ärgern.“
Sophie überlegte, ob sie das Armband einfach für sich behalten sollte. Aber dann klopfte ihre Mama an die Tür und kam herein.
„Alles okay bei dir, Sophie? Du siehst so nachdenklich aus.“
Sophie seufzte. „Jule ist gemein zu mir. Ich wollte ihr das Armband schenken, aber jetzt hab ich keine Lust mehr.“
„Was ist denn passiert?“ fragte Mama und setzte sich auf Sophies Bett.
„Sie hat bei Emma gesessen und dann gesagt, dass sie trotzdem meine beste Freundin ist. Aber das stimmt doch nicht, oder? Beste Freundinnen sitzen doch immer zusammen!“
Mama lächelte und nahm Sophie in den Arm. „Weißt du, Sophie, manchmal haben wir Menschen, die uns wichtig sind, einen schlechten Tag oder wollen etwas anderes ausprobieren. Das heißt aber nicht, dass sie uns weniger gernhaben. Hast du Jule gesagt, dass es dich verletzt hat?“
„Ja, aber dann haben wir uns gestritten.“
„Hmmm“, sagte Mama. „Und wie fühlt es sich jetzt an?“
Sophie überlegte. Eigentlich fühlte sie sich nicht besser. Sie vermisste Jule, aber das wollte sie nicht zugeben. „Doof“, murmelte sie schließlich.
„Vielleicht solltest du mit Jule reden“, schlug Mama vor. „Manchmal muss man einfach den ersten Schritt machen.“
—
Am nächsten Morgen packte Sophie das Armband in ihre Tasche. Sie wollte es Jule erst geben, wenn sie sich entschuldigt hatte – falls Jule überhaupt noch mit ihr reden wollte.
Auf dem Schulhof war Jule wieder bei Emma. Sophie spürte, wie der Kloß in ihrem Hals größer wurde. Sie wollte schon wieder weglaufen, aber dann hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf: „Prinzessinnen sind mutig.“ Also atmete sie tief ein, ging zu Jule und tippte ihr auf die Schulter.
„Was ist?“ fragte Jule, ohne Sophie anzuschauen.
„Ich wollte mich entschuldigen“, platzte Sophie heraus. „Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, du bist gemein. Ich war einfach traurig, weil ich dachte, du magst Emma mehr als mich.“
Jule drehte sich zu ihr um, und ihre Augen wurden groß. „Das tut mir auch leid. Ich wollte dich nicht traurig machen. Emma hatte mich nur gefragt, ob ich mich zu ihr setzen will, und ich dachte, das wäre okay.“
Sophie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht war ich ein bisschen zu streng. Aber du bist immer noch meine beste Freundin, oder?“
„Natürlich!“ sagte Jule und grinste. „Du bist die beste Prinzessin-Freundin, die es gibt.“
Sophie strahlte. Sie zog das Armband aus ihrer Tasche und hielt es Jule hin. „Hier, das hab ich für dich gemacht.“
Jule nahm das Armband vorsichtig in die Hände. „Wow, das ist wunderschön! Danke, Sophie.“ Sie zog es sofort über ihr Handgelenk. „Jetzt habe ich etwas, das mich immer an dich erinnert.“
—
Den Rest des Tages verbrachten die beiden damit, sich lustige Geschichten auszudenken und gemeinsam auf dem Schulhof zu spielen. Sophie fühlte sich, als hätte sie einen unsichtbaren Umhang aus Glitzer und Sternenstaub, der sie beide umhüllte.
Am Abend erzählte sie ihrer Mama von der Versöhnung. „Ich bin froh, dass ich mich entschuldigt habe“, sagte sie, während sie ihre Zähne putzte. „Ich glaube, das machen Prinzessinnen auch. Sie sind mutig und sagen, wenn sie etwas falsch gemacht haben.“
„Das stimmt“, sagte Mama lächelnd. „Und du hast heute gezeigt, was für eine tolle Prinzessin du bist.“
Mit diesen Worten kuschelte sich Sophie ins Bett und träumte von einem Schloss, in dem sie und Jule als beste Prinzessinnen-Freundinnen für immer zusammen Abenteuer erlebten.
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