Es war ein typischer Samstagnachmittag in Hamburg-Barmbek. Benni, Lotte und Josh saßen in Bennis gemütlichem Wohnzimmer und spielten auf der Nintendo Switch. Die drei Freunde, alle zehn Jahre alt, waren seit dem Kindergarten unzertrennlich. Obwohl sie oft draußen herumtollten, hatten sie heute beschlossen, drinnen zu bleiben und das neueste Level ihres Lieblingsspiels zu knacken.
„Pass auf, Benni! Da kommt der Endboss!“ rief Josh, der vor Aufregung fast vom Sofa rutschte.
„Kein Problem, ich hab ihn gleich!“ antwortete Benni konzentriert, während er geschickt den Controller bediente.
Lotte, die neben ihnen saß, konnte ihre Neugier nicht verbergen. „Was gibt es wohl nach diesem Level? Vielleicht ein geheimes Versteck oder eine neue Waffe?“
„Das wäre cool“, meinte Benni, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. „Ich wette, wir kommen gleich zu einer versteckten Schatzkammer!“
Plötzlich drang ein lautes, rumpelndes Geräusch von draußen herein, das selbst das laute Getümmel im Spiel übertönte. Benni zuckte zusammen und drückte unabsichtlich auf den falschen Knopf, was ihren virtuellen Helden das Spiel verlieren ließ.
„Was war das?“ fragte Lotte und schaute überrascht zum Fenster.
Josh setzte sich auf und lauschte aufmerksam. „Das klang echt laut! Vielleicht ist etwas explodiert?“
„Oder es war ein Monster!“ sagte Benni grinsend, obwohl auch er ein mulmiges Gefühl hatte. „Aber im Ernst, das Geräusch kam sicher aus der Nähe.“
Lotte stand auf und ging zum Fenster. Sie schob die Vorhänge beiseite und spähte hinaus. „Es kommt von der Richtung des alten Fabrikgeländes. Du weißt schon, das, wo seit Jahren niemand mehr hingeht.“
„Vielleicht passiert da gerade etwas Spannendes!“ sagte Josh, der immer für ein Abenteuer zu haben war. „Wollen wir nachsehen?“
„Natürlich!“ sagte Benni sofort. „Aber wir sollten uns beeilen. Es wird nicht ewig hell bleiben.“
„Aber was, wenn es gefährlich ist?“ fragte Lotte zögernd, obwohl auch ihre Neugierde geweckt war.
„Wir sind vorsichtig, versprochen“, beruhigte sie Benni. „Außerdem haben wir doch unsere Taschenlampen und Handys dabei.“
Nach kurzem Überlegen stimmte Lotte schließlich zu, und die drei Freunde packten schnell ihre Sachen zusammen. Sie schalteten die Switch aus und verließen Bennis Wohnung, die Sonne stand noch hoch am Himmel, aber es zeichnete sich bereits ab, dass der Abend nicht mehr fern war.
Sie gingen die vertrauten Straßen entlang, ihre Herzen klopften vor Aufregung. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich auf eine Entdeckungsreise begaben, aber diesmal fühlte es sich anders an – es war ernsthafter, geheimnisvoller.
„Ich frage mich, was das für ein Geräusch war“, sagte Lotte, während sie schneller ging, um mit den Jungs Schritt zu halten. „Vielleicht arbeiten da doch wieder Leute?“
„Das kann sein“, antwortete Benni. „Aber warum sollten sie so spät noch arbeiten?“
Als sie das alte Fabrikgelände erreichten, blieb Benni stehen und sah sich um. Das Gelände war riesig, überwuchert von Unkraut und fast völlig verlassen. Die Fabrik selbst war ein massives, graues Gebäude mit zerbrochenen Fenstern und einem riesigen, rostigen Tor, das die Eingangshalle verschloss.
„Es sieht irgendwie gruselig aus“, sagte Lotte und zog ihre Jacke enger um sich.
„Ja, das tut es“, stimmte Benni zu. „Aber das macht es nur noch spannender.“
„Das Geräusch kam bestimmt von drinnen“, sagte Josh und deutete auf das große Gebäude. „Lasst uns reingehen.“
Vorsichtig näherten sie sich dem Tor. Es war zwar verschlossen, aber an der Seite entdeckten sie eine schmale Tür, die nur angelehnt war. Benni schob sie vorsichtig auf, und sie betraten die Fabrikhalle.
Drinnen war es kühl und still, nur das Echo ihrer Schritte hallte durch den weiten Raum. Alte Maschinen standen überall herum, bedeckt mit einer dicken Staubschicht. Die hohen Decken und die Dunkelheit ließen den Raum unheimlich und bedrückend wirken.
„Das ist echt gruselig“, flüsterte Lotte, die sich dicht an die Jungs hielt.
„Keine Sorge, wir sind nicht allein“, versuchte Benni sie zu beruhigen, auch wenn er selbst ein wenig nervös war.
Plötzlich ertönte erneut das rumpelnde Geräusch, diesmal lauter und näher. Die Kinder zuckten zusammen und drehten sich wie auf Kommando in Richtung des Geräusches.
„Es kommt von da hinten“, sagte Josh und zeigte auf eine große Metalltür, die in einen weiteren Bereich der Fabrik führte.
„Wollen wir wirklich dorthin gehen?“ fragte Josh zögerlich.
„Natürlich!“ sagte Lotte entschlossen. „Wir müssen herausfinden, was das ist.“
Sie schlichen vorsichtig zur Tür und öffneten sie langsam. Dahinter lag ein langer, dunkler Gang, der in die Tiefe führte. Die Wände waren feucht, und der Boden war mit Schutt und altem Müll übersät.
„Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache“, murmelte Lotte, während sie dem Lichtkegel ihrer Taschenlampe folgte.
„Ich auch“, gab Josh zu. „Aber wir sind schon so weit gekommen. Jetzt geben wir nicht auf.“
Sie gingen weiter, und das Geräusch wurde immer lauter, je tiefer sie in den Gang vordrangen. Schließlich erreichten sie eine weitere Halle, die durch die zerbrochenen Fenster schwach beleuchtet war. Was sie dort sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Vor ihnen türmten sich Berge von Müll und Schrott, die fast bis zur Decke reichten. Überall lagen alte Autoreifen, zerbrochene Elektrogeräte, rostige Fässer und Säcke, die nach Chemikalien rochen. Die Luft war stickig und schwer, und ein unangenehmer Geruch hing in der Luft.
„Das ist ja widerlich“, sagte Lotte angewidert und hielt sich die Nase zu.
„Das ist eine illegale Mülldeponie!“ rief Josh entsetzt. „Kein Wunder, dass das Geräusch so laut war – jemand hat den ganzen Müll hierher gebracht!“
„Aber wer würde so etwas tun?“ fragte Benni fassungslos, während er sich umsah. „Und warum hier?“
„Vielleicht, weil sie dachten, niemand würde es merken“, überlegte Lotte. „Das Fabrikgelände ist seit Jahren verlassen. Es ist der perfekte Ort, um etwas zu verstecken.“
„Das ist falsch!“ sagte Benni wütend. „Das ist gefährlich für die Umwelt und für die Menschen hier in der Stadt! Wir müssen etwas tun!“
„Wir sollten Bennis Vater Bescheid sagen“, schlug Josh vor. „Er ist doch Journalist. Er kann darüber in der Zeitung berichten, und dann wird die Stadtverwaltung etwas unternehmen.“
Benni nickte. „Das ist eine gute Idee. Aber wir müssen Beweise sammeln. Lasst uns ein paar Fotos machen.“
Mit ihren Handys fotografierten sie die Müllberge, die Säcke und Fässer, und die verrosteten Maschinen, die überall herumstanden. Danach verließen sie so schnell wie möglich die Halle und eilten zurück zu Bennis Wohnung.
Als sie dort ankamen, war Bennis Vater gerade dabei, das Abendessen vorzubereiten. Er sah überrascht aus, als die drei Kinder atemlos in die Küche stürmten.
„Was ist denn los mit euch?“ fragte er und legte den Kochlöffel beiseite.
„Papa, wir haben etwas Unglaubliches entdeckt!“ rief Benni und zeigte ihm die Fotos auf seinem Handy. „Auf dem alten Fabrikgelände gibt es eine riesige, illegale Mülldeponie! Da liegt so viel gefährlicher Müll, und es stinkt furchtbar!“
Bennis Vater zog die Augenbrauen hoch, als er die Bilder betrachtete. „Das ist ja wirklich unglaublich“, sagte er ernst. „Ich wusste, dass das Gelände verlassen ist, aber ich hätte nie gedacht, dass jemand es auf diese Weise nutzt. Das ist nicht nur illegal, sondern auch gefährlich.“
„Was können wir tun?“ fragte Lotte besorgt. „Wir können das doch nicht einfach so lassen!“
„Keine Sorge“, sagte Bennis Vater beruhigend. „Ich werde weiter recherchieren und darüber berichten. Ich schreibe einen Artikel für die Morgenpost und informiere die Stadtverwaltung. Sie werden sicher dafür sorgen, dass der Müll entfernt wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Die Kinder waren erleichtert, dass sie Hilfe bekommen würden. Bennis Vater machte sich sofort an die Arbeit, während die drei Freunde sich setzten und die aufregenden Ereignisse des Tages Revue passieren ließen.
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir so etwas entdeckt haben“, sagte Josh, während er sich eine Limonade einschenkte.
„Ja, das war echt krass“, stimmte Lotte zu. „Aber ich bin froh, dass wir es herausgefunden haben. So kann niemand mehr in Gefahr geraten.“
„Und wir haben gezeigt, dass wir echte Detektive sind“, sagte
Benni stolz. „Vielleicht sollten wir das öfter machen.“
„Wer weiß, was wir als nächstes entdecken“, sagte Josh grinsend. „Vielleicht finden wir irgendwann wirklich einen Schatz.“
„Oder ein noch größeres Geheimnis“, fügte Lotte hinzu und nahm einen Schluck von ihrer Limonade.
Am übernächsten Morgen, als die Sonne gerade über Hamburg aufging, erschien der Artikel von Bennis Vater in der Morgenpost. Auf der Titelseite! Der Bericht über die illegale Mülldeponie sorgte sofort für Aufsehen. Die Stadtverwaltung reagierte schnell und schickte noch am selben Tag ein Team von Spezialisten, um den Müll zu untersuchen und sicherzustellen, dass keine gefährlichen Stoffe in die Umgebung gelangten.
Die Polizei begann mit Ermittlungen, um herauszufinden, wer für die illegale Deponie verantwortlich war. Es stellte sich heraus, dass ein skrupelloser Geschäftsmann den Müll heimlich auf dem Gelände abgeladen hatte, um die teuren Entsorgungskosten zu umgehen.
Und in Hamburg überlegten die Leute, was mit dem alten Fabrikgelände passieren sollte. Es gab viele Vorschläge. Man könnte die Fabrik sanieren und das Gelände in einen öffentlichen Park verwandeln. Die Kinder wurden in der Schule als Helden gefeiert, und sogar die Lokalzeitung brachte einen Artikel über ihren Mut und ihre Entschlossenheit.
„Das haben wir gut gemacht“, sagte Benni, als sie ein paar Tage später zusammen auf dem Schulhof saßen.
„Ja, aber ich hoffe, das nächste Abenteuer ist etwas weniger gruselig“, sagte Lotte lächelnd.
„Vielleicht“, sagte Josh, „aber egal was kommt, wir werden es gemeinsam schaffen.“
„Auf jeden Fall“, stimmte Benni zu. „Und wer weiß – vielleicht entdecken wir ja doch irgendwann einen echten Schatz.“
Mit einem Lächeln auf den Lippen beschlossen die drei Freunde, ihren Tag zu genießen und sich auf neue Abenteuer vorzubereiten. Denn eines war sicher: In ihrer geliebten Stadt Hamburg gab es noch viele Geheimnisse zu lüften, und sie würden immer bereit sein, die Wahrheit herauszufinden.