„Pflatsch!“ Jonas nahm einen Batzen Schnee und klatschte ihn auf die Schneekugel, die vor ihm lag.
„Mama, guck mal, ich habe den ersten Schneemann-Kopf!“
Es hatte den ganzen Tag geschneit, und nun war der Garten wie mit Puderzucker bestreut.
Und es war um die null Grad kalt. Die ideale Temperatur für Schnee, den man braucht, um einen Schneemann zu bauen.
Jonas und seine Mama waren eifrig dabei, einen Schneemann zu bauen – aber nicht irgendeinen Schneemann, nein, er sollte der schönste Schneemann der Nachbarschaft sein.
Mama rollte gerade einen dicken Schneeball durch den Garten, der immer größer wurde. „Das wird der Bauch, Jonas! Hilfst du mir, ihn aufeinanderzusetzen?“
Jonas nickte und legte den Schneeball, den er für den Kopf geformt hatte, vorsichtig zur Seite.
Gemeinsam stemmten sie den Bauch auf das Schneemann-Unterteil und setzten schließlich den Kopf oben drauf. Jonas klatschte begeistert in die Hände.
„Jetzt braucht er ein Gesicht!“ erklärte er entschlossen und rannte zum Korb, den Mama vorbereitet hatte. „Hier sind Steine für die Augen, ein Ast für den Mund und… eine Karotte für die Nase!“ Er schnappte sich die Karotte und steckte sie vorsichtig in den Schneemann-Kopf.
„Perfekt!“, sagte Mama. „Aber was fehlt noch?“
„Ein Hut und ein Schal!“ Jonas lief ins Haus, um Papas alten Hut und einen bunten Schal zu holen. Als er zurückkam, band er dem Schneemann den Schal um und setzte ihm den Hut schief auf den Kopf.
Jetzt war er fertig. Jonas tanzte einmal um den Schneemann herum und sagte: „Du bist der schönste Schneemann der Welt!“
Mama lachte. „Vielleicht braucht er noch einen Namen. Wie wäre es mit… Herr Frost?“
Jonas schüttelte energisch den Kopf. „Nein, er heißt Fridolin! Fridolin der Schneemann.“
Mama stimmte zu. „Dann ist Fridolin jetzt der König unseres Gartens!“
Als die Sonne unterging, war der Garten in ein sanftes, blaues Licht getaucht. Jonas und Mama gingen ins Haus, um sich aufzuwärmen. Aber Jonas konnte sich von Fridolin nicht richtig verabschieden. „Denkst du, ihm wird nicht kalt da draußen?“ fragte er Mama, als er seinen Kakao trank.
Mama lächelte. „Schneemänner lieben die Kälte. Keine Sorge, Fridolin wird es gut gehen.“
Jonas war nicht ganz überzeugt, aber er war müdemüdemüdemüde. Noch bevor er sich richtig unter die Decke kuscheln konnte, war er eingeschlafen.
Dann, in der Nacht, geschah etwas Magisches.
Im Garten, in dem Fridolin der Schneemann stand, begann der Schnee zu glitzern. Kleine Schneeflocken wirbelten um Fridolin herum, als wären sie lebendig.
Plötzlich blinzelten die schwarzen Kieselsteine, die Jonas als Augen benutzt hatte, und der Schneemann bewegte sich ein kleines bisschen.
„Huch!“ Fridolin schaute sich um. „Das kitzelt ja!“
Die Schneeflocken kicherten. „Du bist jetzt lebendig, Fridolin! Komm, wir zeigen dir die Welt des Gartens!“
Fridolin streckte sich und sah sich neugierig um. Der Garten, den er bisher nur still beobachtet hatte, war wunderschön.
Der Schnee funkelte wie Diamanten, und die Sterne am Himmel glänzten so hell, dass es fast wie Tag war. Fridolin war begeistert.
„Aber ich kann doch nicht einfach weggehen,“ sagte er unsicher. „Was, wenn Jonas mich morgen sucht?“
„Keine Sorge,“ beruhigte ihn eine besonders große Schneeflocke, „wir bringen dich rechtzeitig zurück.“
Fridolin beschloss, es zu wagen. Er stapfte mit seinen runden Schneekörper durch den Schnee und schaute sich alles genau an.
Die Tannenbäume am Rand des Gartens flüsterten ihm ein Lied vor, und die Sträucher, die unter einer dicken Schneedecke verborgen waren, schüttelten sich ein bisschen, sodass Schneepulver in die Luft stob.
„Was ist das für ein seltsames Glänzen da drüben?“ fragte Fridolin und deutete auf ein kleines Licht im Schnee.
Die Schneeflocken schwirrten vor ihm her. „Das ist der Sternenstaubbaum,“ erklärten sie. „Er hat magische Kräfte.“
Fridolin lief neugierig zu dem Baum, der tatsächlich voller glitzernder Lichter war. „Erzähl mir mehr!“ bat er.
Ein kleiner Ast am Baum regte sich und sagte mit einer tiefen Stimme: „Wenn du einen Wunsch hast, Fridolin, dann sprich ihn aus. Aber nur einen einzigen Wunsch!“
Fridolin überlegte eine Weile. „Ich wünsche mir… dass Jonas immer glücklich ist, wenn er mich ansieht.“
Der Baum raschelte zustimmend. „Ein wunderschöner Wunsch, Fridolin. Morgen wird er erfüllt sein.“
Am nächsten Morgen wachte Jonas früher auf als sonst. Er sprang aus dem Bett und rannte ans Fenster.
Sein Herz machte einen Hüpfer vor Freude, als er Fridolin im Garten sah. Der Schneemann stand da, als hätte er sich die ganze Nacht keinen Millimeter bewegt, aber irgendetwas war anders.
Fridolin glänzte im Licht der aufgehenden Sonne, und seine Karottennase schien ein bisschen frischer zu sein als am Tag zuvor.
„Mama, komm schnell! Fridolin sieht so glücklich aus!“ rief Jonas begeistert.
Mama schaute aus dem Fenster und musste schmunzeln. „Vielleicht, weil du ihn so liebevoll gebaut hast.“
Jonas zog seine Stiefel und die dicke Jacke an. Er lief in den Garten, um Fridolin zu besuchen. „Guten Morgen, Fridolin! Hast du gut geschlafen?“
Fridolin konnte natürlich nicht antworten, aber Jonas bildete sich ein, dass die Kieselsteinaugen ein bisschen freundlicher funkelten als am Tag zuvor.
„Ich bin so froh, dass du hier bist,“ flüsterte Jonas und drückte seine kleinen Hände an Fridolins Schneebauch. „Du bist wirklich der schönste Schneemann der Welt.“
Und in diesem Moment wusste Fridolin, dass sein Wunsch wahr geworden war. Jonas war glücklich – und das war alles, was zählte.
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